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Der Fall "Potsdam"

In der Nacht zum Ostersonntag 2006 wurde in der Innenstadt von Potsdam ein 37-jähriger Deutscher äthiopischer Herkunft von vermutlich zwei Tätern an einer Haltestelle der Straßenbahn zunächst beschimpft, dann angegriffen und lebensgefährlich am Kopf verletzt. Die Tat geschah, während er auf den Anrufbeantworter seiner Frau sprechen wollte. Die Polizei ging wegen der Tatumstände von Anfang an von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. Die Bundesanwaltschaft übernahm daher kurz nach Beginn der Ermittlungen den Fall.

Bereits wenige Tage nach der Tat wurden aufgrund der Aufzeichnungen auf dem Anrufbeantworter sowie von Zeugenaussagen zwei Männer in Haft genommen. Einige Zeitungen, der Rundfunk und das Fernsehen berichteten ausführlich über die Verhaftungen. In den Berichten wurde auch eine angebliche Mitgliedschaft zumindestens einer der mutmaßlichen Täter im Gremium MC erwähnt. Dabei wurde das Gremium als „berüchtigte Rockerbande ..., der Kontakte zur kriminellen Türsteherszene, zu Rechtsradikalen und Hooligans nachgesagt werden“ bzw. als „eine(r) Gruppe mit extrem hohen Gewaltpotential" bezeichnet. Andere Zeitungen schrieben: „Gegenwärtig drängt ein Rocker-Gruppe namens „Gremium“ in die Türsteherszene in Potsdam, der L. angehören soll. Sektionen von „Gremium“ in anderen europäischen Ländern würden mit Drogen- und Waffenhandel in Verbindung gebracht.“ und „Sicherheitsexperten halten dem Rockerklub „Schnittmengen zur rechten Szene“ vor. So werde das Berliner „Probe-Chapter Dark Side“ von früheren Mitgliedern der verbotenen Neonazi-Gruppierung FAP und der Kameradschaftsszene dominiert.“ Den Vogel schoß die Berliner Zeitung ab, die zusätzlich ausführliche „Hintergrundinformationen“ zum Gremium MC mit einem spektakulären Bild von einer Stripshow lieferte.

Wir wollen hier nicht auf den Überfall eingehen, dessen genauer Hergang offenbar immer noch nicht endgültig geklärt ist. Mit etwas zeitlichem Abstand reichen die Vermutungen von „Mordversuch mit fremdenfeindlichen Hintergrund“ bis hin zu „vom Opfer provozierte Schlägerei unter Betrunkenen mit unglücklichem Ausgang“. Keine der möglichen Varianten würde die Auswirkungen des Vorfalls auf das Opfer rechtfertigen und muß angemessen rechtlich gewürdigt werden. Darauf sei an dieser Stelle noch einmal Mal ausdrücklich hingewiesen.

Was uns an diesem Fall massiv aufstößt, ist das Bild, daß von den Medien wenige Tage nach der Tat über die mutmaßlichen Täter und deren vermeintlichen Hintergrund gezeichnet wird. Dabei werden ungeprüft falsche Behauptungen der Ermittlungsbehörden verbreitet und zum Teil sogar als Tatsachenbehauptungen deklariert. Da werden in reißerischer Aufmachung Verbindungen hergestellt, die es in dieser Form offenbar nie gegeben hat.

In einem Gespräch mit Kay, dem Präsidenten des Gremium MC Landau, das auf Anregung unseres Gesprächspartners zustande kam, haben wir auch über die behauptete Verbindung zur rechtsradikalen Szene geredet. Die Behauptung, der Gremium MC sei ein „rechtsradikaler Motorrad-Club“, ist nach seiner Aussage unhaltbar. Der Gremium MC hat in seinen Chaptern Mitglieder aus den verschiedensten Nationen mit allen Hautfarben, Religionen und Abstammungen. Das bezieht sich nicht nur auf die Chapter im Ausland, sondern auch auf die deutschen Chapter. Diese Tatsache steht im krassen Gegensatz zu den veröffentlichten Behauptungen. Zudem scheint einer der Verhafteten nur aufgrund einer Verwechslung mit der rechtsradikalen Szene in Verbindung gebracht worden sein.

Nach einer Stellungnahme des Gremium MC, die Grundlage für die vom Gremium geforderten und zum Teil auch abgedruckten Gegendarstellungen ist, waren die der Tat Beschuldigten zu keinem Zeitpunkt Hangaround, Probe oder gar vollwertiges Mitglied bei irgendeinem Chapter des Gremium MC. Dies sei auch den Ermittlungsbehörden bekannt, da die umliegenden Chapter schon Besuch von der Polizei hatten und von dieser über die Verdächtigen befragt wurden.

Damit sind wir aber wieder beim üblichen Muster der Medienhetze gegen kuttentragende Motorradfahrer. Die Gleichsetzung „Motorradfahrer = rechtsradikal und gewaltbereit“ hat nicht nur Auswirkungen auf die direkt Betroffenen. Dadurch wird das Ansehen aller Motorradfahrer geschädigt. Die Medien hatten ihren reißerischen Aufmacher und wir sind alle die Dummen. Dabei wird unter dem Deckmantel der Pressefreiheit mit den Existenzen der Betroffenen gespielt, über die behauptete Verbindung zum Gremium MC sogar mit denen von Unbeteiligten. Wir als Biker Union e.V. haben deshalb Protestschreiben an die betroffenen Medienorgane Spiegel, BZ, Süddeutsche, Potsdamer, SAT 1 versandt, in denen wir diese Diskriminierung aller Motorradfahrer auf das Schärfste verurteilen und auf Richtigstellung drängen. Da sich die Reporter bei ihrer Recherche nicht einmal die Mühe gemacht haben, den Gremium MC um eine Stellungnahme zu bitten, kann von seriöser Berichterstattung ja wohl keine Rede sein.

 

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